13.11.2018
Wer schon immer wissen wollte, was Männer abends bei "Netto" tun, wann es sich lohnt, Fenster zu putzen, wie man (k)eine Torte bäckt, die wie eine Liebeserklärung auf "Kreuzberg-Türkisch" klingt, der war bei "Irrtum & Daneben" im Kulturbesen genau richtig.
Mit viel Witz und eingängigen Melodien boten die beiden schwäbisches Kabarett und Mundart-Comedy über den Wahnsinn, den das ganz normale Leben so bietet – oder wie Ferdi Riester alias Dieter Daneben zusammenfasste "über Haushalt, Essen und Schweinkram".
Die beiden sind für Kenner des schwäbischen Kabaretts keine unbekannten Gesichter und bringen reichlich Bühnenerfahrung mit. Bekannt als eine Hälfte der "Schrillen Fehlaperlen" blicken die beiden auf 20 Jahre Mundart-Comedy zurück, welche sie mit den "Fehlaperlen" unter anderem bereits ins Fernsehen.
Mit "Irrtum & Daneben" wagten sich Tine und Ferdi Riester – übrigens auch im echten Leben ein Ehepaar – als Ilse Irrtum und Dieter Daneben vor einiger Zeit erstmals an ein Programm zu zweit und bewiesen, dass sie auch als Duo das Zeug haben, in der Liga der Spitzenkabarettisten im Ländle mitzuspielen. Ilse und Dieter kalauerten sich mit hoher Pointendichte durch den Abend, es wurde erzählt und gesungen, mal einzeln, mal im Duett – aber immer vom normalen Alltagswahnsinn. Aus ganz banalen Situationen wie einem Zahnarztbesuch oder dem Backen eines Kuchens kitzeln die beiden herrlich komische Texte heraus. Der Gang des Ehegatten zum Supermarkt, weil daheim der Reis ausgegangen ist, wird zur großen Tragödie, die den Protagonisten im Kreis zahlreicher Leidensgenossen "leise ins Gemüse" weinen lässt: Er findet den Reis im "Netto" nämlich nicht. Als Ilse ihre Tortenbackversuche besingt, bei denen sie abwechselnd ihren Sohn, die Katze und den Kanarienvogel aus dem Teig ziehen muss, der am Ende auch noch versalzen ist, gab es im Publikum kein Halten mehr – vermutlich auch, weil das Szenario dem einen oder anderen durchaus bekannt vorkam. Auch ganz Privates teilten die beiden mit ihren Zuschauern. Beim Zahnarzt, so erfuhr das Publikum, lernte das Paar sich kennen – und weil’s so schön war, stellten sie die Szene für ihre Zuschauer gleich nach und trällerten hingebungsvoll "Something stupid" – mit Mundöffnern zwischen den Zähnen und Blockflötensolo durch die Nase. Immer wieder geht es auch um die Familie, die offenbar so "Patchwork-kompliziert" ist, dass Ilses Mann gleichzeitig ihr Opa und der eigene Vater der Schwiegersohn ist. Und dann ist da Tante Helga, eine Dame mittleren Alters, deren Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht bislang eher übersichtlich sind – und die dies bei einem Urlaub an der Costa del Sol ändern will. Mit spanischem Akzent und feurigen Gitarrenklängen besang Dieter deren Liebesabenteuer mit José, Miguel und wie sie alle hießen.
Auch dafür, dass die beiden trotz großem Applaus nur eine Zugabe geben konnten, hatten sie eine Erklärung: Diese widmeten sie kurzerhand der Tatsache, dass sie "auf fremda Klos net scheissa" können – ein überzeugendes Argument für das Publikum, das Duo schweren Herzens dann doch ziehen zu lassen.
Text & Bild: Nicola Hartmann / Schwarzwälder Bote